Rejection Sensitive Dysphoria ist die extreme Empfindlichkeit gegenüber tatsächlicher oder vermuteter Ablehnung. Für mich ist das kein Fremdwort, sondern etwas, das mein Leben seit Kindheit prägt. Und ja: Ich habe bis heute keine Strategie, die das zuverlässig reguliert. Ich schreibe das offen – weil Verschweigen isoliert.
Wie es sich anfühlt
Ein Satz, ein Blick, eine nicht beantwortete Nachricht – und sofort läuft mein inneres Alarmsystem. In Sekunden schreibt mein Kopf ein Drehbuch, in dem alle gegen mich sind. Rational weiß ich oft, dass es nicht stimmen muss. Aber im Moment fühlt es sich real an.
Warum das so zerstörerisch ist
Es beginnt in der Grundschule: Kinder spüren, wer „anders“ ist. Neurodivergente Kinder stehen häufiger am Rand. Mit RSD heißt das: Jede Ausgrenzung, jedes Gelächter, jede kleine Zurückweisung brennt sich doppelt ein. Später folgen Missverständnisse, Mobbing, das Gefühl, nie zu passen. Weil RSD Ablehnung vergrößert, entsteht früh das Bild: „Alle sind gegen mich.“
Im Beruf wird es nicht leichter. Kritik fühlt sich nicht wie ein Impuls zur Verbesserung an, sondern wie ein Schlag. Ein übersehener Gruß reicht, um Tage zu kreisen. Neutrale Rückmeldungen lese ich als Ablehnung. Das erschwert Teamarbeit und Vertrauen.
In Freundschaften und Beziehungen wiederholt sich das Muster. Man reagiert über, zieht sich zurück, bricht Kontakte ab – nicht weil man nicht liebt, sondern weil das innere System sagt: „Sie lehnen dich gleich ab.“ Nähe wird gefährlich, weil man den Schmerz vorwegnimmt.
Das fatale Zusammenspiel
Neurodivergenz verstärkt. ADHS bedeutet mehr Reize, mehr Impulsivität, mehr Emotion. Frühtraumata nehmen Urvertrauen. Kommt RSD dazu, ist ein stabiler Selbstwert kaum aufzubauen. Vieles, was man sich erarbeitet – Freundschaften, Beziehungen, Chancen – wird irgendwann von innen infrage gestellt.
Warum ich darüber schreibe
RSD ist kein Charakterfehler. Es ist ein Symptom, neurobiologisch erklärbar, aber selten verstanden. Meine Werkzeuge sind klein: drei Atemzüge, Abstand, mir sagen „das Gefühl ist echt, die Geschichte nicht automatisch wahr“. Oft reicht es nicht. Darum frage ich offen: Wer kennt RSD? Welche kleinen, praktikablen Werkzeuge helfen euch – in Schule, Beruf, Beziehungen?
Zum Schluss
Ich habe lange geglaubt, die Welt lehne mich ab. Heute weiß ich: Mein Kopf erzählt diese Geschichte. Das Gefühl bleibt schmerzhaft. Aber es hilft, zu wissen, dass ich nicht allein bin.
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